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Meinen ersten Kontakt mit Schweden hatte ich im zarten Alter von ungefähr 10 Jahren. Der Bruder meines Vaters hatte eine Schwedin geheiratat und deren Verwandschaft besaß eine zu einem Wochenendhaus umgebaute ehemalige Fischerhütte auf einer felsigen Insel in den Schärengärten an schwedens Westküste. In dieser durfte ich damals zusammen mit meinen Eltern und meinem Bruder meinen ersten Schwedenurlaub verbringen. Da wir zu dieser Zeit noch kein eigenes Auto besaßen, brachte uns ein Freund meiner Eltern mit

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seinem klapprigen Simca bis nach Skagen an der nördlichsten Spitze Dänemarks, von wo aus wir als Fußgänger mit der Fähre nach Göteborg übersetzten. Von dort aus wurden wir dann von meinem Onkel zu “unser” Hütte gebracht. Schon die Fahrt dorthin war recht abenteuerlich. Nach dem Überkqueren der Brücke, die vom Festland auf die Insel führte, wurde die Straße immer schmaler, um schließlich zu einem Waldweg zu werden, der plötzlich an einem von Eiszeitgletschern rundgewaschem

Granitfels endete. Ich nahm an, mein Onkel würde nun in Ermangelung einer Fahrbahn anhalten und wir müssten den restlichen weg zu Fuß zurücklegen, aber mein Onkel hielt nicht an, sondern fuhr unbeirrt auf den nicht sonderlich ebenen Felsen weiter. Schließlich kamen wir mit beachtlicher Schräglage vor einer kleinen ca. 4 x 4 Meter “großen” Holzhütte an, die

sich auf einigen Betonstelzen stehend in die Felsenlandschaft schmiegte. In dieser Hütte gab es ein “riesiges” gemütlich eingerichtetes Wohnzimmer mit typisch schwedischem Flair, in dem man direkt stand, wenn man durch die Eingangstür eintrat. Des Weitern gab es ein Schlafzimmer für vier Personen auf nur 2 x 2 Metern, das durch seine winzigen Etagenbetten eher wie ein Schlafraum in einem U-Boot wirkte, sowie eine Küche mit 2.Platten Propangasherd einem mit Gas betriebenen Kühlschrank sowie

einem kleinen, durch Vorhänge verdecktem, Vorratsregal. Es gab weder einen Wasser- geschweige denn einen Abwasseranschluss, noch gab es elektrischen Strom oder Telefon! Als Beleuchtung dienten diverse Petroleumlampen sowie Kerzen, die zusammen mit der Körperwärme der Bewohner auch noch zum Beheitzen der Räumlichkeiten beitrugen. Schwedische Sommer sind ja nicht soooo kalt und für den Winterbetrieb war die Hütte ja auch gar nicht vorgesehen. Das Wasser für die Essenszubereitung oder für die tägliche Körperhygiene musste mit Eimern oder Gießkannen von einem nur 300 Meter entfernten, mit Handschwengelpumpe ausgestatteten Brunnen rangeschleppt werden und bei Bedarf mal eben auf dem oben schon erwähnten 2-Platten-Propangasherd erwärmt werden. Wenn das Wetter etwas freundlicher war und die Sonne mal  hervorkam (immerhin war es schon kurz vor dem Wintereinbruch, also soweit ich mich erinnern kann Ende August), konnte man die Wasserbehälter auch einen Tag draußen stehen lassen, um sich dann Abends damit, ohne Erfrierungen zu erleiden, waschen zu können. Als Waschraum diente dazu die mittels zweier Schüsseln zum Hygienecenter umgebaute überdachte Multifunktionsveranda, die den Rest des Tages entweder unter Zuhilfenahme der gleichen Schüsseln zum Geschirrwaschraum, Waschsalon oder als Platz zum Vorbereiten der Speisen diente. In der Küche wäre das auch gar nicht möglich gewesen, da standen ja schon der Herd und der Koch! Einen Kühlschrank suchte man vergeblich, ersatzweise hatte man unterhalb der Veranda ein Loch in den Felsen “gegraben” und dieses Loch durch Abschluß einer Holztür zum Aussenkühlschrank erklärt. Schwedische Sommer sind ja nicht soooo heiß.

Und dann gab es da noch die Toilette, die durch einen kurzen nicht ganz ungefährlichen Fußmarsch, über Felsen und Baumwurzeln führenden unbeleuchteten Trampelpfad (in Schweden wird es im Sommer auch nicht soooo dunkel) an einer geschützten Stelle zwischen Felsen und den allgegenwärtigen Kiefern zu erreichen war. Die Toilette selbst. bestand aus einem Bretterverschlag mit Tür, die zum einen das unkontrollierte Austreten giftiger Dämpfe in die freie Natur verhinderte, zum anderen aber auch seinen Benutzer vor den schwedichen “Killermückenschwärmen” beschützte.

Als eigentliche Örtlichkeit diente ein Brett mit Loch und “Klodeckel”, unter das ein Sack gehängt wurde. Dieser musste bei Erreichen eines gewissen Füllstands dann irgendwo im Wald vergraben werden. Wir errinern uns: Felseninsel! Es war also gar nich so einfach eine Stelle zu finden, an der man ohne Hilfe schweren Gerätes oder Dynamit ein Loch graben konnte, das ein ca. 40cm hohes Objekt aufnehmen konnte. Ausserdem sollte es ja auch eine Stelle sein, an der nicht schon ähnliche Objekte vergraben waren! Ich weiß heute gar nicht mehr aus welchem Material diese Säcke eigentlich waren, aber das Wort Umweltschutz hatte damals glaube ich noch gar keiner erfunden.

All diese Eigenschaften des Urlaubsdomizils haben mich damals gelehrt:

1.) Körperhygiene wird bisweilen völlig überbewertet. Die Wissenschaft hat übrigens    schon erkannt, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der zunehmen Anzahl von Allergieerkrankungen und der übertriebenen Hygiene unserer Zeit gibt.

2.) Konzentriere dich und du musst nicht jeden Tag auf’s Klo!

3.) Wer klein ist braucht keine Säcke zu vergraben.

 

Ich möchte an dieser Stelle einen befreundeten Schwedenfan zitieren:

“Ein Pauschalurlauber würde spätestens hier seine Reise wohl abbrechen und schon mal das Schadensersatzschreiben an den Veranstalter formulieren; erfahrene Campingfreunde nehmen solche Überraschungen eher als Survivaltraining positiv an (wie betreibe ich den Kühlschrank ohne Strom und wie lange, wo putzen wir die Zähne, die Abendwäsche entfällt heute sowieso).”

 

Für Viele Leser mag es klingen als wäre das der Beginn eines schrecklichen Urlaubs.
Für mich war das damals der beginn einer großen Liebe:

SCHWEDEN